top of page

VERLEGTE STOLPERSTEINE

Einzelschicksale der Verfolgten. Orte der Erinnerung.

Folgende Kriterien sind maßgeblich für die Verlegung eines Stolpersteins in Kleinmachnow:

Der letzte freiwillig gewählte Wohnsitz muss hier vor Ort gewesen sein. Die betreffende Person wurde während der Zeit des Nationalsozialismus (1933 – 1945) verfolgt, deportiert und/oder ermordet. Bislang konnten 33 Stolpersteine verlegt werden.

Die Recherche zu den einzelnen Biografien begreifen wir als fortgesetzten Prozess. Nach Maßgabe neuer Erkenntnisse ergänzen wir deshalb kontinuierlich die hier präsentierten Ergebnisse.

Herzberg_edited_edited.jpg

DR. GEORG HERZBERG

Auf der Drift 12

Georg Herzberg wurde am 29.11.1870 in Schöneck/ Westpreußen geboren. Er war promovierter Apotheker. Ende der 20er Jahre erwarb Herzberg umfassenden Grundbesitz in Kleinmachnow: die Grundstücksfolge Auf der Drift 10/12, einschließlich Iltisfang 32. Wegen sog. "Rassenschande" wird ihm 1941 der Prozess gemacht: Er verliert seine bürgerlichen Ehrenrechte, wird zu einer Zuchthausstrafe verurteilt und enteignet. Sein Haus Auf der Drift 12 wird als sog. "Judensammelhaus" genutzt. Am 21.11.1942 stirbt Georg Herzberg im Zuchthaus Brandenburg.

Vally Schlesinger.JPG

VALLY SCHLESINGER

Auf der Drift 12

Vally Schlesinger, geboren am 27.08.1876, war Haushälterin im Haus Gradnauer. 1939 war sie nicht in Kleinmachnow gemeldet. Dennoch zieht sie am 01.10.1941 gemeinsam mit Georg Gradnauer in das Judensammelhaus Auf der Drift 12. Zu diesem Zeitpunkt sind beide verwitwet. Vally Schlesinger wird am 20.11.1942 zunächst nach Theresienstadt und von dort am 18.05.1944 weiter nach Auschwitz deportiert.

Samuel Stern.JPG

SAMUEL STERN

Auf der Drift 11

Samuel Stern wurde am 16. Juni 1868 in Wittau/ Niederösterreich geboren. Sein letzter freiwillig gewählter Wohnsitz war in Kleinmachnow, Auf der Drift 11. Er wird am 02.09.1942 mit dem Transport I/57 nach Theresienstadt deportiert, wo er kurze Zeit später, am 05.10.1942, verstirbt.

Moritz Korn.JPG

MORITZ KORN

Auf der Drift 11

Moritz Korn wurde am 03.06.1871 in Konitz/ Westpreußen geboren. Sein letzter freiwillig gewählter Wohnsitz war in Kleinmachnow, Auf der Drift 11. Hier lebte er gemeinsam mit seiner Frau Anna, geb. Rosenstein (?). Anna Korn verstarb bereits 1940 und wurde auf dem jüdischen Friedhof in Berlin-Weißensee beigesetzt. Moritz Korn wird am 19.01.1942 nach Riga deportiert und dort umgebracht.

IMG_3315 Kopie.jpg

DR. ERNST SALOMON

Lepckestraße 10a

Ernst Salomon wurde am 01.12.1886 in Berlin geboren. In den 1930er Jahren erwarb er das Grundstück Stülpestraße 3 in Kleinmachnow, heute Lepckestraße 10a, und errichtete ein Wohnhaus für seine fünfköpfige Familie. Während der promovierte Jurist seinen Söhnen noch in den 30ern die Flucht ins Exil ermöglichte, ließ er sich 1941 von seiner als arisch geltenden Ehefrau scheiden. Direkt im Anschluss wird er am 27.11.1941 nach Riga deportiert, wo er unmittelbar nach Ankunft ermordet wird.

IMG_3318_edited.jpg

FAMILIE POHL

Geschwister-Scholl-Allee 54

Die junge Familie Pohl lebte bis kurz vor ihrer Deportation im Wohnhaus Heimdallstraße 54, heute Geschwister-Scholl-Allee.
Norbert Horst Leonard Pohl wurde am 03.05.1907 in Zanow/ Pommern geboren. Seine Frau Regina war gebürtige Berlinerin und wurde am 06.12.1908 geboren. Ihre gemeinsame Tochter Tana erblickte das Licht der Welt am 16.12.1939, als ihre Eltern in Kleinmachnow gemeldet waren. Im Rahmen der sog. Fabrikaktion wird die Familie am 02.03.1943 mit dem 32. Osttransport geschlossen nach Auschwitz deportiert.

Susanne%20Peuse_edited.jpg

SUSANNE PEUSE

Zehlendorfer Damm 138

Susanne Peuse wurde am 31.01.1879 als Susanne Bergheim in Posen/ Schlesien geboren. Ihr als arisch geltender Ehemann, Georg Peuse, verstarb bereits vor 1939. Dadurch erlosch eine mögliche Privilegierung durch die sog. Mischehe. Ihr Grundstück am Zehlendorfer Damm muss Susanne Peuse 1941 verkaufen und ebenfalls in das Judensammelhaus Auf der Drift 12 umziehen. Sie wird 1942 mit Transport Nr. 295 nach Warschau deportiert.

Bildschirmfoto 2020-03-08 um 10.08.55 Ko

DR. FRIEDRICH DAUS

Zehlendorfer Damm 90

Friedrich Daus wurde am 11.08.1876 in Berlin geboren. Der promovierte Mediziner leitete um 1909 das Lungen-Sanatorium in Gütergotz (heute Güterfelde). Bis 1935 wirkte er als Regierungsmedizinalrat in Gleiwitz/ Schlesien. Nach dem Tod seiner als arisch geltenden Frau zog Friedrich Daus 1936 mit seiner Tochter nach Kleinmachnow. Als das Wohnhaus Ende August 1943 infolge eines "Terrorangriffs" vollständig beschädigt wird, sind beide gezwungen, in das Judensammelhaus Auf der Drift 12 umzusiedeln. Von dort wird Friedrich Daus am 21.01.1944 mit dem 100. Alterstransport nach Theresienstadt deportiert.

E. Willkomm.jpg

ELISABETH WILLKOMM

Zehlendorfer Damm 71/I

Elisabeth Willkomm, von ihrer Familie "Liesel" genannt, wurde 1912 im Elsass geboren. 1924 übernahm ihr Vater, Pfarrer Martin Willkomm, die Leitung der Theologischen Hochschule Kleinmachnow im ehemaligen Seemannserholungsheim - eine Einrichtung der lutherischen Freikirche. Liesel arbeitete bis zu ihrem 30. Lebensjahr als unqualifizierte Hausangestellte und durfte auch eine gewünschte Partnerschaft nicht eingehen. Wiederholt litt sie unter undefinierten Anfällen. Aus diesem Grund wird sie im Oktober 1942 in die Wittenauer Heilstätten eingewiesen. Bereits zwei Wochen später ist Elisabeth tot – ein Opfer der Euthanasie-Doktrin.

Kurt%20Sahlmann_edited.jpg

KURT SAHLMANN

Erlenweg 2

Kurt Sahlmann wurde am 10.01.1886 in Fürth/ Bayern geboren. Als Mitglied der "Hopfen-Dynastie" Sahlmann war er Direktor des Brauerei-Unternehmens Gambrinus in Posen. Verheiratet mit der als arisch geltenden Ida Alma Sahlmann, geb. Wingelsdorf, bewohnte er in Kleinmachnow das außergewöhnliche Anwesen Erlenweg 2. Während der Novemberpogrome 1938 wird das Haus des Ehepaars geplündert und verwüstet. Da Sahlmanns sich in Riga aufhalten und daraufhin nicht nach Deutschland zurückkehren, wird ihnen die Staatsbürgerschaft aberkannt, es folgen Enteignung und Zwangsversteigerung. Kurt Sahlmann stirbt im Ghetto von Riga.

Elisabeth Steffen.JPG

ELISABETH STEFFEN

Weidenbusch 23a

Elisabeth Steffen wurde am 11.10.1894 als Elisabeth Hepner im Ortsteil Schloss Guttentag/Lublinitz (Schlesien) geboren. Gemeinsam mit ihrem als arisch geltenden Ehemann erwarb sie 1935 Haus und Grundstück in Kleinmachnow. Die Ehe wurde geschieden, das Haus Ende 12/1940 vom Reich für die Luftwaffe aufgekauft, Elisabeth Steffen bezog ein Gartenhaus in Falkensee und versuchte, dort unterzutauchen. Doch am 14.04.1942 wird Elisabeth Steffen entdeckt und ins Warschauer Ghetto deportiert. Noch im selben Jahr soll sie im Konzentrationslager Trawniki/ Polen ermordet worden sein.

Carl Zerenze.JPG

CARL ZERENZE

Heideweg 21a

Carl Zerenze wurde am 03.08.1896 in Rogasen/ Westpreußen geboren. Er betrieb eine Handelsvertretung der Auto Union AG, dem damals zweitgrößten Automobilhersteller. Doch 1938 wird er gezwungen, sein Geschäft zu schließen und unter Wert zu verkaufen. Dank einer Warnung kann er in der Pogromnacht rechtzeitig entkommen. In der Folge lässt er sich von seiner als arisch geltenden Ehefrau für tot erklären und wechselt regelmäßig seinen Aufenthaltsort. 1944 noch einmal nach Kleinmachnow zurückgekehrt, kann er der Verhaftung durch die "Gestapo" wieder nur durch Glück entkommen.

Friedenthal.jpg

ARNIM FRIEDENTHAL

Elsternstieg 18

Arnim Friedenthal wurde am 26.07.1927 in Berlin geboren. Seine Mutter, Käthe Friedenthal, geb. Horlitz, galt als arisch – er hingegen als jüdischer Mischling. Bei Durchsuchungen und Kontrollen wurde Arnim bei Nachbarn versteckt und konnte so die Zeit des Nationalsozialismus überleben. Dennoch stirbt er bereits etwa ein Jahr nach Kriegsende – vermutlich infolge der physischen und psychischen Belastungen.

Sternberg.jpg

MARIE STERNBERG

Uhlenhorst 9

Marie Sternberg wurde am 25.09.1881 in Dresden geboren. Ihr letzter freiwillig gewählter Wohnsitz war in Kleinmachnow, Uhlenhorst 9. Am 19.01.1942 wird sie gemeinsam mit ihrer Schwester nach Riga deportiert und gilt seitdem dort als verschollen.

Thekla%20und%20Mathilde%20Moeller_edited.jpg

SCHWESTERN MOELLER

Wendemarken 41

Thekla Moeller wurde am 28.12.1878 in Danzig geboren. Sie arbeitete als Fremdsprachenkorrespondentin.
Mathilde Moeller wurde am 21.03.1890 ebenfalls in Danzig geboren. Sie arbeitete als Hauswirtschafterin. Mit ihrer Schwester lebte sie zuletzt in Kleinmachnow. 
Beide Schwestern werden am 25.01.1942 nach Riga deportiert und gelten nach Kriegsende als vermisst.

Georg Gradnauer.JPG

DR. GEORG GRADNAUER

Wendemarken 108

Georg Gradnauer wurde am 16.11.1866 in Magdeburg geboren. Als Mitglied der SPD war Gradnauer zunächst Abgeordneter des Reichstags und gehörte folgend auch der Weimarer Nationalversammlung an. 1919 stieg er zur politischen Elite des Landes auf: kurzzeitig war er Ministerpräsident von Sachsen sowie 1921/22 sogar Reichsinnenminister. Eine erste Verhaftung erlebte er bereits 1933. Im Jahr darauf zog er mit seiner als arisch geltenden Ehefrau Anna, geb. Vogel, nach Kleinmachnow. Doch die Privilegierung durch die Mischehe erlischt 1940 mit ihrem Tod: 1941 muss Gradnauer sein Grundstück verkaufen und in das Judensammelhaus Auf der Drift 12 umziehen. Von dort wird er 1944 deportiert.

Margarete Eisermann.JPG

MARGARETE EISERMANN

Brodberg 16

Margarete Eisermann wurde am 05.12.1875 als Margarete Albu in Berlin geboren. Seit 1933 lebte sie mit ihrem als arisch geltenden Ehemann, dem Redakteur Carl Friedrich Eisermann, in Kleinmachnow. 1942 sahen sich Eisermanns offenbar gezwungen, ihr Grundstück zu verkaufen – doch vereinbarten sie mit dem Kaufvertrag zugleich ein lebenslanges Wohnrecht. Als Carl Eisermann am 11.05.1943 stirbt, erlischt für seine Frau Margarete eine mögliche Privilegierung. Bereits sieben Wochen später wird sie mit dem 92. Alterstransport nach Theresienstadt deportiert. Dort stirbt sie am 24.03.1944.

IMG_20211031_093243 Kopie.jpg

CURT SCHMEIDLER

An der Stammbahn 41

Curt Schmeidler – in der Zählungsliste von 1939 wird er als Gustav Schmeidler, wohnhaft Auf der Drift 12 geführt – wurde am 26.10.1897 in Königshütte/ Schlesien geboren. Er war Ingenieur und arbeitete bis zum Berufsverbot bei der AEG. Nach Aberkennung seines Titels wohnte er vermutlich zunächst bei seiner Schwester Clara Guttmann in Kleinmachnow, An der Stammbahn 41. Nachdem diese 1939 emigriert war, bewohnte er das Chauffeurszimmer über der Garage des Hauses Auf der Drift 12. Am 09.12.1942 wird Curt Schmeidler mit dem 24. Osttransport nach Auschwitz deportiert – dezidierter Vermerk der Transportliste: "Schlosser, arbeitsfähig".

Jenny Korytowski.JPG

JENNY KORYTOWSKI

An der Stammbahn 141

Jenny Korytowski wurde am 12.09.1878 in Berlin geboren. Dort arbeitete sie als leitende Angestellte bis zum 31.03.1938 im Spitzenhaus Schöneberger in der Leipziger Straße. Sie lebte bereits seit 1934 in Kleinmachnow. 1938 verkaufte sie ihr Haus und Grundstück an ihre Kollegin/Freundin Luise Hesse und behielt dabei ein beschränktes Wohnrecht im Haus, ohne allerdings über ihr Vermögen frei verfügen zu können. Dies geht aus ihrer am 04.04.1942 abgegebenen Vermögenserklärung hervor. Zehn Tage später, am 14.04.1942, wird Jenny Korytowski nach Trawniki/ Polen deportiert.

Anton%20Mayer_edited.jpg

DR. ANTON MAYER

Rudolf-Breitscheid-Straße 60

Anton Mayer wurde am 22.04.1879 in Berlin geboren. Als Sohn einer vermögenden Bankiersfamilie war er ein umfassend gebildeter Mann und Autor zahlreicher historischer und kunsthistorischer Werke. Viele seiner Bücher erschienen unter dem Pseudonym Johannes Reinwaldt. Er galt als jüdischer Mischling und war in sog. Mischehe verheiratet. Dennoch verstarb er 1944 im Konzentrationslager Neuengamme. Dieser Zusammenhang deutet auf eine Aktivität im politischen Widerstand.

Neufeld_edited.jpg

Dr. Herbert Eugen Neufeld

Im Tal 15a

Moritz Herbert Eugen Neufeld wurde am 22.11.1902 in Berlin geboren. Im September 1938 zog er mit seiner als arisch geltenden Ehefrau Dorothea nach Kleinmachnow und kaufte das Grundstück Im Tal 15a. Unter dem Eindruck der Novemberpogrome entschloss er sich zu emigrieren. Die Ehe der Neufelds wurde 1939 geschieden.1940 reiste er in das niederländische Nijmwegen, wo er seine zweite Ehefrau Mathilde Ida Neuhaus kennenlernte. Auch dort endete die Verfolgung nicht: Am 02.08.1942 wurde Ehepaar Neufeld in das Sammellager Westerbork verbracht, anderthalb Jahre später nach Theresienstadt und weitere zwei Monate später nach Auschwitz deportiert. Dort wurden beide vermutlich im Juli 1944 ermordet.

Kretschmers_edited_edited.jpg

Ehepaar Kretschmer

Wolfswerder 9a

Elisabeth Fanny Kretschmer wurde als Elisabeth Fanny Pauly am 04.10.1889 in Berlin geboren. Ihr späterer Ehemann Dr. phil. Fritz Kretschmer wurde am 29.01.1893 in Berlin geboren. Das Ehepaar lebte seit 1936 in Kleinmachnow im Wohnhaus Wolfswerder 9a. Unter dem Eindruck der Novemberpogrome und verschärften Auflagen plante es zunächst, nach Brasilien zu emigrieren. Aufgrund von zunehmenden finanziellen und administrativen Repressalien im Zuge der geplanten Auswanderung mussten Kretschmers ihr Reiseziel ändern. Ende Mai 1939 emigrierte das Ehepaar zunächst nach Shanghai und schließlich im Jahr 1948 weiter nach San Francisco in die USA. Fritz Kretschmer verstarb dort am 09.02.1984 und Elisabeth am 10.06.1984.

Rosenbaum_edited_edited.jpg

Fritz Feodor Rosenbaum

Kiefernweg 27

Fritz Feodor Rosenbaum wurde am 09.04.1894 in Berlin geboren. Der in der USPD und SPD aktive Wirtschafts- und Steuerberater lebte gemeinsam mit seiner Ehefrau Gertrud Meyer im Kiefernweg 27 in Kleinmachnow. 1941 mussten sie ihr Grundstück allerdings zwangsweise verkaufen und in das sog. Judensammelhaus Auf der Drift 12 einziehen. Fritz Rosenbaum überlebte die Zeit des Nationalsozialismus in Kleinmachnow dank der Treue seiner Ehefrau. In der Nachkriegszeit engagierte er sich als Bürgermeister für die Gemeinde Kleinmachnow und beteiligte sich 1952 an einem Protest gegen die Schließung des Grenzüberganges in Zehlendorf. In einem Schauprozess wurde er deshalb zu vier Jahren Haft im Zuchthaus verurteilt. Anderthalb Jahre nach seiner Freilassung verstarb er am 16.05.1958 im Alter von 64 Jahren. 

46ca3386-3344-4986-a773-18040760dec9.JPG

Familie Seidel

Im Dickicht 21

Friedrich Seidel und seine Ehefrau Edith wurden beide in Berlin geboren – sie im Mai 1891, er im September 1894. Sohn Wolfgang wurde März 1928 geboren. Friedrich Seidel war promovierter Jurist und arbeitete ab 1924 im Bezirksamt Berlin-Wilmersdorf. Edith Seidel galt als „Volljüdin“, ihr Mann und ihr Sohn als sog. „jüdische Mischlinge“. 1933 erwarb Ehepaar Seidel das Einfamilienreihenhaus Im Dickicht 21 in Kleinmachnow. Als praktizierende Katholiken waren sie Mitglieder der hiesigen katholischen Gemeinde. Spätestens nach den Novemberpogromen 1938 entschloss sich die Familie zur Flucht. Unterstützung erhielt sie dabei vom St.-Raphaels-Verein, einer amtlich anerkannten, katholischen Auswandererberatungsstelle. Die Visa-Erteilung verzögerte sich jedoch, so dass erst Anfang Februar 1940 die notwendigen Papiere vorlagen. In Brasilien angekommen, war die Familie aufgrund von Beschlagnahmungen nahezu mittellos. 

Stein Erna Kranz_edited.png

Erna Regina Kranz

Auf der Drift 12

Erna Regina Kranz wurde am 08.07.1899 in Berlin geboren, ihr Bruder Walter zwei Jahre später. Ihre Eltern, Louis und Margarethe Landauer, waren mosaischer Religion. 1918 absolvierte Erna Landauer das Abitur und studierte anschließend vier Semester Volkswirtschaft an der Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin. Ab 1920 besuchte sie die neu gegründete Soziale Frauenschule von Alice Salomon und verließ diese zwei Jahre später als Staatlich anerkannte Fürsorgepflegerin. Ihren Mann, den promovierten Altphilologen Walther Kranz, lernte Erna kurze Zeit später kennen. Aspekte der politischen und rassistischen Verfolgung führten das Paar von Berlin über Naumburg und Halle schließlich nach Kleinmachnow. Von dort aus bemühte sich Walther Kranz über Jahre um einen Ruf an die neu gegründete Universität von Istanbul, die seinerzeit zu einem Zentrum jüdischer Akademiker avancierte. Ende 1943 erhielt das Paar endlich die erforderlichen Freigaben zur Emigration. Erna Kranz, ebenso begeisterte wie begabte Altphilologin, unterstütze ihren Mann.

IMG_7989 Kopie.jpg

Eduard Frank

Auf der Drift 11

Eduard Frank wurde im Februar 1877 in Lilienthal, Kreis Osterholz bei Bremen, geboren. Er war gelernter Handelsgehilfe und Dekorateur. 1901 zog Eduard Frank nach Stendal und war dort in einem Textil-Kaufhaus tätig. 1908 heiratete er die gebürtige Stendalerin Hermine Sophie Hillebrecht; das Ehepaar hatte zwei Töchter und einen Sohn. 1938 wurde das Textil-Kaufhaus „arisiert“ und Eduard Frank entlassen. Nur wenig später wurde er im Zuge der Novemberpogrome von der Gestapo verhaftet, in das Konzentrationslager Buchenwald deportiert und dort auf das Schwerste misshandelt. Aus Sorge vor weiteren Übergriffen durch die Gestapo verzog Familie Frank Ende April 1939 nach Berlin, musste sich hier jedoch auf behördliche Anweisung voneinander trennen. Am 17.05.1939 – dem Stichtag der Volkszählung – war der als „Volljude“ geltende Eduard Frank bereits in Kleinmachnow unter der Adresse Auf der Drift 11 bei Ehepaar Korn gemeldet. Er überlebte im Untergrund.

Stein Artur Schimmelmann_edited.png

Artur Schimmelmann

Käthe-Kollwitz-Straße 3

Artur Schimmelmann wurde im Dezember 1878 in Rogasen/Posen, im heutigen Polen geboren. Er entstammte einer jüdischen Familie, hatte zwei Brüder und eine Schwester. Er war Kaufmann und seit 1903 beim Warenhauskonzern Hermann Tietz in Berlin tätig, wo er im Laufe der Zeit eine leitende Tätigkeit bekleidete. Er war verheiratet, seine Ehefrau galt ab 1933 als arisch. Bereits im Juli 1933 musste Artur Schimmelmann seine Stellung zwangsweise kündigen. Noch im selben Monat erwarb er Haus und Grundstück Wissmannstraße 3 (heute Käthe-Kollwitz-Straße 3) in Kleinmachnow, welches er im Juli 1941 auf behördlichen Druck innerhalb kürzester Zeit  wieder verkaufen musste. Anschließend lebte das Ehepaar zunächst bei einer anderen jüdischen Familie, bis auch ihnen Anfang 1943 ein kleines Zimmer im sog. Judensammelhaus Auf der Drift 12 zugeteilt wurde. Im Gegensatz zu seinen Familienangehörigen, die alle in Auschwitz ermordet wurden, überlebte Artur Schimmelmann bis Kriegsende  – dank der unverbrüchlichen Treue seiner Ehefrau. 

bottom of page