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VERLEGTE STOLPERSTEINE

Einzelschicksale der Verfolgten. Orte der Erinnerung.

Folgende Kriterien sind maßgeblich für die Verlegung eines Stolpersteins in Kleinmachnow:

Der letzte freiwillig gewählte Wohnsitz muss hier vor Ort gewesen sein. Die betreffende Person wurde während der Zeit des Nationalsozialismus (1933 - 1945) verfolgt, deportiert und/oder ermordet. Bislang konnten 23 Stolpersteine verlegt werden.

Die Recherche zu den einzelnen Biografien begreifen wir als fortgesetzten Prozess. Nach Maßgabe neuer Erkenntnisse ergänzen wir deshalb kontinuierlich die hier präsentierten Ergebnisse. Zur Übersichtskarte.

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DR. GEORG HERZBERG

Auf der Drift 12

Georg Herzberg wurde am 29.11.1870 in Schöneck/ Westpreußen geboren. Er war promovierter Apotheker. Ende der 20er Jahre erwarb Herzberg umfassenden Grundbesitz in Kleinmachnow: die Grundstücksfolge Auf der Drift 10/12, einschließlich Iltisfang 32. Wegen sog. "Rassenschande" wird ihm 1941 der Prozess gemacht: Er verliert seine bürgerlichen Ehrenrechte, wird zu einer Zuchthausstrafe verurteilt und enteignet. Sein Haus Auf der Drift 12 wird als sog. "Judensammelhaus" genutzt. Am 21.11.1942 stirbt Georg Herzberg im Zuchthaus Brandenburg.

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VALLY SCHLESINGER

Auf der Drift 12

Vally Schlesinger, geboren am 27.08.1876, war Haushälterin im Haus Gradnauer. 1939 war sie nicht in Kleinmachnow gemeldet. Dennoch zieht sie am 01.10.1941 gemeinsam mit Georg Gradnauer in das Judensammelhaus Auf der Drift 12. Zu diesem Zeitpunkt sind beide verwitwet. Vally Schlesinger wird am 20.11.1942 zunächst nach Theresienstadt und von dort am 18.05.1944 weiter nach Auschwitz deportiert.

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SAMUEL STERN

Auf der Drift 11

Samuel Stern wurde am 16. Juni 1868 in Wittau/ Niederösterreich geboren. Sein letzter freiwillig gewählter Wohnsitz war in Kleinmachnow, Auf der Drift 11. Er wird am 02.09.1942 mit dem Transport I/57 nach Theresienstadt deportiert, wo er kurze Zeit später, am 05.10.1942, verstirbt.

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MORITZ KORN

Auf der Drift 11

Moritz Korn wurde am 03.06.1871 in Konitz/ Westpreußen geboren. Sein letzter freiwillig gewählter Wohnsitz war in Kleinmachnow, Auf der Drift 11. Hier lebte er gemeinsam mit seiner Frau Anna, geb. Rosenstein (?). Anna Korn verstarb bereits 1940 und wurde auf dem jüdischen Friedhof in Berlin-Weißensee beigesetzt. Moritz Korn wird am 19.01.1942 nach Riga deportiert und dort umgebracht.

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DR. ERNST SALOMON

Lepckestraße 10a

Ernst Salomon wurde am 01.12.1886 in Berlin geboren. In den 1930er Jahren erwarb er das Grundstück Stülpestraße 3 in Kleinmachnow, heute Lepckestraße 10a, und errichtete ein Wohnhaus für seine fünfköpfige Familie. Während der promovierte Jurist seinen Söhnen noch in den 30ern die Flucht ins Exil ermöglichte, ließ er sich 1941 von seiner als arisch geltenden Ehefrau scheiden. Direkt im Anschluss wird er am 27.11.1941 nach Riga deportiert, wo er unmittelbar nach Ankunft ermordet wird.

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FAMILIE POHL

Geschwister-Scholl-Allee 54

Die junge Familie Pohl lebte bis kurz vor ihrer Deportation im Wohnhaus Heimdallstraße 54, heute Geschwister-Scholl-Allee.
Norbert Horst Leonard Pohl wurde am 03.05.1907 in Zanow/ Pommern geboren. Seine Frau Regina war gebürtige Berlinerin und wurde am 06.12.1908 geboren. Ihre gemeinsame Tochter Tana erblickte das Licht der Welt am 16.12.1939, als ihre Eltern in Kleinmachnow gemeldet waren. Im Rahmen der sog. Fabrikaktion wird die Familie am 02.03.1943 mit dem 32. Osttransport geschlossen nach Auschwitz deportiert.

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SUSANNE PEUSE

Zehlendorfer Damm 138

Susanne Peuse wurde am 31.01.1879 als Susanne Bergheim in Posen/ Schlesien geboren. Ihr als arisch geltender Ehemann, Georg Peuse, verstarb bereits vor 1939. Dadurch erlosch eine mögliche Privilegierung durch die sog. Mischehe. Ihr Grundstück am Zehlendorfer Damm muss Susanne Peuse 1941 verkaufen und ebenfalls in das Judensammelhaus Auf der Drift 12 umziehen. Sie wird 1942 mit Transport Nr. 295 nach Warschau deportiert.

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DR. FRIEDRICH DAUS

Zehlendorfer Damm 90

Friedrich Daus wurde am 11.08.1876 in Berlin geboren. Der promovierte Mediziner leitete um 1909 das Lungen-Sanatorium in Gütergotz (heute Güterfelde). Bis 1935 wirkte er als Regierungsmedizinalrat in Gleiwitz/ Schlesien. Nach dem Tod seiner als arisch geltenden Frau zog Friedrich Daus 1936 mit seiner Tochter nach Kleinmachnow. Als das Wohnhaus Ende August 1943 infolge eines "Terrorangriffs" vollständig beschädigt wird, sind beide gezwungen, in das Judensammelhaus Auf der Drift 12 umzusiedeln. Von dort wird Friedrich Daus am 21.01.1944 mit dem 100. Alterstransport nach Theresienstadt deportiert.

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ELISABETH WILLKOMM

Zehlendorfer Damm 71/I

Elisabeth Willkomm, von ihrer Familie "Liesel" genannt, wurde 1912 im Elsass geboren. 1924 übernahm ihr Vater, Pfarrer Martin Willkomm, die Leitung der Theologischen Hochschule Kleinmachnow im ehemaligen Seemannserholungsheim - eine Einrichtung der lutherischen Freikirche. Liesel arbeitete bis zu ihrem 30. Lebensjahr als unqualifizierte Hausangestellte und durfte auch eine gewünschte Partnerschaft nicht eingehen. Wiederholt litt sie unter undefinierten Anfällen. Aus diesem Grund wird sie im Oktober 1942 in die Wittenauer Heilstätten eingewiesen. Bereits zwei Wochen später ist Elisabeth tot – ein Opfer der Euthanasie-Doktrin.

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KURT SAHLMANN

Erlenweg 2

Kurt Sahlmann wurde am 10.01.1886 in Fürth/ Bayern geboren. Als Mitglied der "Hopfen-Dynastie" Sahlmann war er Direktor des Brauerei-Unternehmens Gambrinus in Posen. Verheiratet mit der als arisch geltenden Ida Alma Sahlmann, geb. Wingelsdorf, bewohnte er in Kleinmachnow das außergewöhnliche Anwesen Erlenweg 2. Doch bereits im Jahr 1938 wird das Haus während eines Auslandsaufenthalts des Ehepaars geplündert und verwüstet. Da Sahlmanns daraufhin nicht nach Deutschland zurückkehren, wird ihnen die Staatsbürgerschaft aberkannt, es folgen Enteignung und Zwangsversteigerung.

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ELISABETH STEFFEN

Weidenbusch 23a

Elisabeth Steffen wurde am 11.10.1894 als Elisabeth Hepner im Ortsteil Schloss Guttentag/Lublinitz (Schlesien) geboren. Gemeinsam mit ihrem als arisch geltenden Ehemann erwarb sie 1935 Haus und Grundstück in Kleinmachnow. Die Ehe wurde geschieden und das Haus Ende 12/1940 vom Reich für die Luftwaffe aufgekauft. Doch auch in Falkensee ist ein Stolperstein für Elisabeth Steffen verlegt worden, weil sie dort bis zu ihrer Deportation ein Gartenhaus bewohnt haben soll. Am 14.04.1942 scheint Elisabeth Steffen ins Warschauer Ghetto deportiert worden zu sein. Noch im selben Jahr soll sie dann im Konzentrationslager Trawniki/ Polen ermordet worden sein.

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CARL ZERENZE

Heideweg 21a

Carl Zerenze wurde am 03.08.1896 in Rogasen/ Westpreußen geboren. Er betrieb eine Handelsvertretung der Auto Union AG, dem damals zweitgrößten Automobilproduzenten. Doch 1938 wird er gezwungen, sein Geschäft zu schließen und unter Wert zu verkaufen. Dank einer Warnung kann er in der Pogromnacht rechtzeitig entkommen. In der Folge lässt er sich von seiner als arisch geltenden Ehefrau für tot erklären und wechselt regelmäßig seinen Aufenthaltsort. 1944 noch einmal nach Kleinmachnow zurückgekehrt, kann er der Verhaftung durch die "Gestapo" wieder nur durch Glück entkommen.

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ARNIM FRIEDENTHAL

Elsternstieg 18

Arnim Friedenthal wurde am 26.07.1927 in Berlin geboren. Seine Mutter, Käthe Friedenthal, geb. Horlitz, galt als arisch – er hingegen als Mischling 2. Grades. Bei Durchsuchungen und Kontrollen wurde Arnim bei Nachbarn versteckt und konnte so die Zeit des Nationalsozialismus überleben. Dennoch stirbt er bereits etwa ein Jahr nach Kriegsende – vermutlich infolge der physischen und psychischen Belastungen.

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MARIE STERNBERG

Uhlenhorst 9

Marie Sternberg wurde am 25.09.1881 in Dresden geboren. Ihr letzter freiwillig gewählter Wohnsitz war in Kleinmachnow, Uhlenhorst 9. Am 19.01.1942 wird sie nach Riga deportiert und gilt seitdem dort als verschollen.

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SCHWESTERN MOELLER

Wendemarken 41

Thekla Moeller wurde am 28.12.1878 in Danzig geboren. Sie arbeitete als Fremdsprachenkorrespondentin.
Mathilde Moeller wurde am 21.03.1890 ebenfalls in Danzig geboren. Sie arbeitete als Hauswirtschafterin. Mit ihrer Schwester lebte sie zuletzt in Kleinmachnow. 
Beide Schwestern werden am 25.01.1942 nach Riga deportiert und gelten nach Kriegsende als vermisst.

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DR. GEORG GRADNAUER

Wendemarken 108

Georg Gradnauer wurde am 16.11.1866 in Magdeburg geboren. Als Mitglied der SPD war Gradnauer zunächst Abgeordneter des Reichstags und gehörte folgend auch der Weimarer Nationalversammlung an. 1919 stieg er zur politischen Elite des Landes auf: kurzzeitig war er Ministerpräsident von Sachsen sowie 1921/22 sogar Reichsinnenminister. Eine erste Verhaftung erlebte er bereits 1933. Im Jahr darauf zog er mit seiner als arisch geltenden Ehefrau Anna, geb. Vogel, nach Kleinmachnow. Doch die Privilegierung durch die Mischehe erlischt 1940 mit ihrem Tod: 1941 muss Gradnauer sein Grundstück verkaufen und in das Judensammelhaus Auf der Drift 12 umziehen. Von dort wird er 1944 deportiert.

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MARGARETE EISERMANN

Brodberg 16

Margarete Eisermann wurde am 05.12.1875 als Margarete Albu in Berlin geboren. Seit 1933 lebte sie mit ihrem als arisch geltenden Ehemann, dem Redakteur Carl Friedrich Eisermann, in Kleinmachnow. 1942 sahen sich Eisermanns offenbar gezwungen, ihr Grundstück zu verkaufen - doch vereinbarten sie mit dem Kaufvertrag zugleich ein lebenslanges Wohnrecht. Als Carl Eisermann am 11.05.1943 stirbt, erlischt für seine Frau Margarete eine mögliche Privilegierung. Bereits sieben Wochen später wird sie mit dem 92. Alterstransport nach Theresienstadt deportiert. Dort stirbt sie am 24.03.1944.

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CURT SCHMEIDLER

An der Stammbahn 41

Curt Schmeidler – in der Zählungsliste von 1939 wird er als Gustav Schmeidler, wohnhaft Auf der Drift 12 geführt – wurde am 26.10.1897 in Königshütte/ Schlesien geboren. Er war Ingenieur und arbeitete bis zum Berufsverbot bei der AEG. Nach Aberkennung seines Titels wohnte er vermutlich zunächst bei seiner Schwester Clara Guttmann in Kleinmachnow, An der Stammbahn 41. Nachdem diese 1939 emigriert war, scheint er in das Haus Auf der Drift 12 gezogen zu sein. Am 09.12.1942 wird Curt Schmeidler mit dem 24. Osttransport nach Auschwitz deportiert – dezidierter Vermerk der Transportliste: "Schlosser, arbeitsfähig".

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JENNY KORYTOWSKI

An der Stammbahn 141

Jenny Korytowski wurde am 12.09.1878 in Berlin geboren. Dort arbeitete sie bis zum 31.03.1938 im Spitzenhaus Schöneberger in der Leipziger Straße. Seit 1934 lebte sie bereits in Kleinmachnow. 1938 verkaufte sie ihr Grundstück an ihre Kollegin Luise Hesse, behielt dabei ein beschränktes Wohnrecht im Haus, ohne allerdings über ihr Vermögen frei verfügen zu können. Dies geht aus ihrer am 04.04.1942 abgegebenen Vermögenserklärung hervor. Zehn Tage später, am 14.04.1942, wird sie nach Trawniki/ Polen deportiert.

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DR. ANTON MAYER

Rudolf-Breitscheid-Straße 60

Anton Mayer wurde am 22.04.1879 in Berlin geboren. Als Sohn einer vermögenden Bankiersfamilie war er ein umfassend gebildeter Mann und Autor zahlreicher historischer und kunsthistorischer Werke. Viele seiner Bücher erschienen unter dem Pseudonym Johannes Reinwaldt. Er galt als Mischling ersten Grades und war in sog. Mischehe verheiratet. Dennoch verstarb er 1944 im Konzentrationslager Neuengamme. Dieser Zusammenhang deutet auf eine Aktivität im politischen Widerstand.

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NOCH UNBEKANNT

noch unbekannt

Wir gehen davon aus, dass weitere Stolpersteine zu verlegen sein werden, um zunehmend vollständiger auf das während des NS-Regimes begangene Unrecht aufmerksam zu machen und an die Opfer dieser Zeit zu erinnern.

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